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Flowers & Desert Road Trip

01.09.2024

Wir fliegen das erste Mal mit Turkish Airlines nach Südafrika. Das bedeutet, wir müssen von Bielefeld nicht bis nach Düsseldorf oder Frankfurt fahren, sondern ganz entspannt nur bis nach Hannover. Fast ganz entspannt, denn kurz vor Hannover fällt Herrn Windolph auf, dass er den Reisepass seiner Frau eingesteckt hat. Seine Frau fährt sofort aus Bielefeld mit dem richtigen Pass los, wir ein Stück zurück. Auf dem Rasthof Auetal findet ein fliegender Passwechsel statt und ich düse mit Vollgas bis direkt vor das Terminal C. Geparkt wird später. So ein Check-In schließt tatsächlich genau eine Stunde vor Abflug, wir haben es erlebt. Sieben Minuten später, und unser Road Trip wäre kurz hinter Hannover schon zu Ende gewesen. Herr Windolph zahlt die erste Runde Bier.

Turkish Airlines ist pünktlich, die Maschinen sind gut, der Service sehr freundlich. Die einzigen Mankos sind der mit drei Stunden recht lange Zubringerflug nach Istanbul und der sehr späte Abflug nach Kapstadt. Ansonsten ist die Airline, die immerhin vier Mal Europas Airline des Jahres geworden ist, wirklich zu empfehlen. Das Preisleistungsverhältnis ist ausgezeichnet.

 

02.09.2024

Wir landen pünktlich in Kapstadt. Bei der Einreise ist die Hölle los, so viele Menschen in der Schlange habe ich lange nicht mehr gesehen. Direkt vor uns muss noch eine andere Maschine gelandet sein. Bei der Einreise werden jetzt von allen Passagieren die Fingerabdrücke genommen, deshalb dauert es fast eine Stunde, bis wir durch sind. Unser Gepäck fährt längst diverse Extrarunden auf dem Kofferband. An der Mietwagenstation von Bluu ist zum Glück nichts los, wir bekommen innerhalb von Minuten unseren Fortuner SUV, der sogar einen Allradantrieb hat. Für die kommende Strecke nicht verkehrt.

Wir verlassen Kapstadt in Richtung West Coast National Park. Nach etwa zwei Stunden erreichen wir nachmittags das Gate und fahren direkt in die Postberg Section. Diese ist nur im August und September zur Flower Season für Besucher zugänglich. Unterwegs kommen uns Massen von Autos entgegen – vermutlich Tagesbesucher, die alle noch wieder zurück bis nach Kapstadt müssen. Es sind die ersten warmen und sonnigen Tage an der Westküste, daher zieht es scheinbar die Blumenliebhaber in Scharen in den Park. Im gesamten August ist es noch recht kühl und regnerisch gewesen, daher haben sich die Wildblumen erst jetzt herausgetraut.

In der Postberg Section gibt es zwei Loops, einer geht einen Hügel hinauf und einer runter zum Strand. Beide Loops sind Gravel Roads, ein SUV hat hier schon Vorteile. Wir stoppen immer wieder, um die bunt blühende Landschaft zu fotografieren. Hinter jeder Kurve wird es gefühlt noch schöner, so „kämpfen“ wir uns langsam mit vielen weiteren Besuchern durch die Nordspitze des Parks, die direkt in die wunderschöne türkisfarbene Lagune von Langebaan hineinreicht.

Der Höhepunkt ist definitiv der kleine Strand. Viele Locals haben hier den ganzen Tag mit üppigen Picknicks und Braais verbracht, es gibt öffentliche Feuerstellen zum Grillen. Jetzt gegen 17:00 Uhr herrscht so langsam Aufbruchsstimmung, der Park schließt eine Stunde später. Die Blumenteppiche sind schon sehr beeindruckend, eine Woche später wahrscheinlich noch intensiver, da die Flower Season hier unten am Kap dieses Jahr recht spät begonnen hat.

Wir verlassen den West Coast National Park durch das zweite Gate bei Langebaan. Es sind jetzt nur noch wenige Fahrminuten bis zu unserer ersten Unterkunft, dem Farmhouse Hotel. Das Hotel ist ein südafrikanischer Klassiker von 1860 mit tollem Blick auf die Lagune, die bei Sonnenschein in wunderschönen Türkistönen schimmert. Die ganze Ausstattung ist historisch aufgemacht. Die Zimmer sind komfortabel, aber nicht luxuriös, typisch südafrikanisch eben. Wir nehmen erstmal ein Sundower-Bier auf der Terrasse ein.

Da wir seit dem Frühstück im Flieger nichts mehr gegessen haben, freuen wir uns auf das Abendessen. Zum Glück gibt es vor Ort ein Restaurant, welches ebenfalls typische südafrikanische Klassiker auf der Karte hat – natürlich mit viel frischem Fisch, wie es sich für die Westküste gehört. Die Weinkarte ist auch recht umfangreich mit fairen Preisen. Ich entscheide mich für Blake’s Tourmaline aus dem Swartland, ein Cuvée aus Chenin Blanc, Chardonnay und Viognier – eine gute Wahl. Nach dem Essen gibt es noch einen kurzen Absacker an der Hotelbar, dann fallen wir müde ins Bett.

 

03.09.2024

Heute ist es leider bewölkt, keine guten Voraussetzungen für Wildblumen-Beobachtungen. Viele Blumen zeigen sich nur bei Sonne und mindestens 17°C bis 18°C. Die Temperatur haben wir immerhin, ein paar Blumen werden wir sicherlich auch heute finden. Wir fahren die Westküste hinauf, um die kleinen Ortschaften am Meer zu erkunden. Erste Station ist Jacobs Bay, ein verschlafenes Nest, das in den letzten 20 bis 30 Jahren hauptsächlich durch großstadtmüde Capetonians gewachsen ist. Auf den Feldern ringsherum blühen dann doch so einige Blumen, hauptsächlich gelbe und weiße. Der Strand von Jacobs Bay ist ganz nett, bei Sonnenschein vermutlich nochmal deutlich schöner.

Paternoster und Shelley Point lassen wir aus, die kennen wir schon von vorherigen Road Trips. Nächste Station ist St. Helena Bay, wo gerade die gesamte Hauptstraße auf einmal neu geteert wird. Wir hängen eine halbe Stunde im typisch südafrikanischen Stop&Go Verkehr fest. St. Helena Bay wirkt insgesamt nicht so einladend, wir schießen nur kurz ein paar Fotos vom Strand und fahren weiter Velddrif. Dieser Ort ist schon etwas größer mit einiger Infrastruktur. Wir fahren zum Hafen und trinken in einem Restaurant in Strandnähe einen Kaffee. Da sich vermutlich nur Locals und keine internationalen Touristen hierhin verirren, sind die Preise noch so, wie ich sie von meinen allerersten Südafrikareisen von vor über 20 Jahren in Erinnerung habe. 500gr Ribs oder das Chicken Schnitzel (jeweils mit Pommes) kosten umgerechnet fünf Euro. Zum Glück sind wir noch satt genug vom Frühstück.

Die Fahrt entlang der Küstenstraße von Velddrif nach Elands Bay ist ganz nett. Unterwegs tauchen immer mal wieder bunte Blumenkleckse links und rechts neben der Straße auf, dann kommen für mehrere Kilometer gar keine Blumen. So langsam verstehe ich, warum die Wildblumensuche unter den Einheimischen den gleichen Nervenkitzel hat, wie für uns internationale Touristen die typischen Wildtiersafaris. Es gibt mehrere Facebook-Gruppen mit zehntausenden Mitgliedern, wo tagesaktuell die besten Spots zur Wildblumenbeobachtung gepostet werden. Im Gegensatz zum sehr gut besuchten West Coast National Park nimmt die Touristendichte aber immer weiter ab, je nördlicher wir kommen.

Elands Bay ist noch verschlafener, als Jacobs Bay. Die Lage an einem kleinen Fluss mit dem weissen Sandstrand auf der einen und einem recht imposanten Kliff auf der anderen Seite sind ganz nett, ansonsten gibt es hier nichts, was zum längeren Verweilen einladen würde. Wir bekommen so langsam Mittagshunger, beschließen aber bis zur nächsten Station mit unserem Lunch-Stop zu warten.

Lamberts Bay ist wieder deutlich größer und belebter, wirkt aber irgendwie auch ein wenig abgewohnt. Wir fahren zum Strand und machen ein paar Fotos, bevor wir uns ein kleines Café suchen und einen Happen essen. Der Ort besitzt übrigens auf Bird Island eine der ganz wenigen Kaptölpel-Brutkolonien des gesamten Kontinents.

Wir verlassen die Küste und fahren landeinwärts auf die mächtigen Cederberge zu. Nach etwas mehr als einer Stunde und einigen Blumenfeldern links und rechts neben der Straße erreichen wir Clanwilliam. Die Stadt liegt direkt an der N7, der Hauptverbindungsstraße vom Kap hoch nach Namibia, und besticht durch ihren großen Staudamm. Leider kann die Staumauer aufgrund von Bauarbeiten aktuell nicht besichtigt werden, aber wir sind ja auch wegen der Blumen hier. (Nachtrag: Die Straßen entlang der Küste sind übrigens alle geteert und in gutem Zustand.)

Unsere Unterkunft für die nächsten zwei Nächte, die Cederberg Ridge Lodge, liegt einige Kilometer außerhalb der Stadt mit tollem Ausblick auf die Ausläufer der mächtigen Bergketten. Im Gegensatz zur letzten Nacht wird es jetzt richtig luxuriös. Die Lodge hat zwei Pools, eine Feuerstelle, ein SPA mit Sauna und einen gediegenen Loungebereich. Bis auf den Courtyard Room befinden sich alle Zimmer in freistehenden Chalets mit Ausblick. Unser Bad ist so groß, wie das ganze Zimmer im Farmhouse Hotel gestern.

Die Unterkunft bietet verschiedene Aktivitäten an, die bei Buchung mit Vollpension bereits im Preis inklusive sind. Wir nehmen direkt an einer etwa 6km langen Wanderung in ein abgelegenes Tal auf der anderen Seite der Bergkette teil. Trotz der Bewölkung sehen wir einiges an Blumen und das Tal, durch das ein kleiner Fluss läuft, ist wirklich sehr pittoresk. Insgesamt ist die Umgebung erstaunlich grün. Unser Guide meint, es hätte den Winter über sehr viel geregnet. Im Februar oder März ist es hier deutlich trockener.

Abends gibt es ein Drei-Gänge-Menü und leckeren lokalen Wein aus den Cederbergen. Den Absacker trinken wir heute in unserem Zimmer, denn wir haben einen eigenen kleinen Kamin samt Feuerholz. Es ist nach Sonnenuntergang auch schon etwas frisch geworden, der Kamin tut gute Dienste.

 

04.09.2024

Es ist immer noch bewölkt, soll aber im Tagesverlauf aufklaren. Unsere heutige Morgenaktivität führt uns zum Tea Tasting auf eine lokale Rooibos-Farm in den Bergen. Unterwegs fängt es sogar leicht an zu nieseln, an der Farm angekommen bleibt es aber zum Glück trocken. Zuerst besichtigen wir eine Buchu-Plantage. Buchu ist ein traditionelles Heilkraut, welches schon die südafrikanischen Ureinwohner der Region, die Khoi-San-People, zu nutzen wussten. Die kleinen Blätter sind ungemein geschmacksintensiv. Wir dürfen ein paar Zweige pflücken, die kommen heute Abend in den Gin.

Im Gegensatz zum Buchu ist die Rooibos-Pflanze komplett geschmacksneutral – und noch nicht mal rot. Sie sieht eher aus wie ein übergroßes grünes Grasbüschel. Farbe und Geschmack entstehen erst durch den umfangreichen Fermentationsprozess, der aber nur im südafrikanischen Hochsommer gestartet werden kann. Die Rooibos-Ernte und die Weiterverarbeitung sind bis auf ganz wenige Ausnahmen reine Handarbeit. Wenn man bedenkt, dass es von Januar bis März in den Cederbergen locker über 40°C heiss wird, ist das ein echter Knochenjob. Jetzt im September wirkt die ganze Farm eher etwas verwaist.

Anschließend gehen wir zum Tea Tasting. Es gibt Rooibostee pur, Rooibostee mit verschiedenen Zusätzen wie Ingwer oder Kamille, unfermentierten grünen Rooibostee, wilden Rooibostee und den geschmacklich herausfordernden Buchutee. Ich kaufe eine Packung des wilden Rooibostees und eine Packung des Rooibostees mit 3% Buchu-Anteil. Alleine diese drei Prozent bringen schon ordentlich Wumms in den Tee. Dazu gönne ich mir noch ein Glas lokalen Honigs. Ich liebe den intensiven und würzigen Geschmack des typischen Fynbos-Honigs vom Kap und bin gespannt, was der wilde Honig aus den Cederbergen so kann.

Als wir wieder an unserer Lodge ankommen, präsentiert sich der Himmel plötzlich strahlend blau mit harmlosen kleinen Wölkchen. Es gibt ein leichtes Lunch auf der Außenterrasse und anschließend gehen wir für ein Stündchen oder zwei an den Pool. Heute Nachmittag stände eine weitere geführte Wanderung auf dem Programm, ich möchte aber lieber nochmal in das Tal vom Vortag. Bei Sonnenschein verspreche ich mir noch schönere Blumenfotos. Es sind auch tatsächlich mehr Blumen zu sehen, so riesig ist der Unterschied zu gestern dann aber doch nicht. Egal, das Tal ist einfach wunderschön, das kann man auch zweimal besichtigen.

Auf dem Rückweg zur Lodge halten wir noch kurz am Ramskop Wildflower Garden. Dies ist ein privater botanischer Garten für Wildblumen direkt am Clanwilliam Staudamm gelegen. Keine Ahnung, ob auch außerhalb der Flower Season hier irgendwas blüht, im Moment ist der ganze Garten kunterbunt.

Am späten Nachmittag wird es sehr windig. Wir hatten auf einen Sundowner an der Feuerstelle gehofft, müssen diesen aber auf der Außenterrasse im Windschatten einnehmen. Nach dem Abendessen haben wir wieder den Kamin in unserem Zimmer angezündet und als Absacker einen Gin mit unserem selbstgepflückten Buchu getrunken.

 

05.09.2024

Herr Windolph hat heute Geburtstag. Ich habe ihm einen kleinen Kuchen zum Frühstück organisiert, weil ich genau weiss, wie gerne er schon zum Frühstück Kuchen isst (also eigentlich nicht, er frühstückt nicht mal gerne). Aber es nützt ja nichts – der Kuchen muss weg. Mitnehmen können wir ihn nicht.

Zum Glück scheint heute die Sonne und die Lodge bietet als Morgenaktivität einen Ausflug zu den Wildblumen an. Da wir eine lange Strecke bis nach Springbok vor uns haben und selber zu einigen Blumenspots fahren möchten, checken wir nach dem Frühstück direkt aus und machen uns auf den Weg.

Die direkte Verbindung nach Springbok würde über die gut ausgebaute N7 führen und etwa drei Stunden dauern. Wir entscheiden uns aber für die Back Roads mitten durch die Cederberge. Wir folgen der R364 über den Pakhuis Pass bis nach Niewoudtville. Diese Strecke dauert etwa eineinhalb bis zwei Stunden länger, ist aber landschaftlich kaum zu toppen. Nach etwa 50km wird die R364 zur Gravel Road, wir sind froh einen SUV zu haben.

Die Strecke über den Parkhuis Pass ist ein landschaftlicher Höhepunkt. Mit uns sind nur eine handvoll weiterer Autos unterwegs, meist einheimische Blumentouristen. Am offenen Autofenster werden kurz die aktuell besten Locations zur Blumenbeobachtung ausgetauscht. Wir werden fast immer auf Afrikaans angesprochen, internationale Touristen ist man hier so gar nicht gewohnt. Zwischendurch verlässt uns immer mal wieder die Navigation mit Google Maps, weil es keinen Mobilfunkempfang gibt. Ich hab natürlich auch vergessen, vorher die Offline-Karten herunterzuladen. Aber so viele mögliche Wege gibt es nicht und wir schlagen uns irgendwie bis kurz vor die Tore von Niewoudtville durch.

Unser Ziel ist die historische Matjiesfontein Farm. Viele Gebäude der alten Farm sind halb verfallen, andere zu kleinen Museen umgebaut. In einem Cottage ist ein Padstal untergebracht, ein typisch südafrikanischer Farmshop mit angeschlossenem Café. Hier bezahlen wir schmale 30 Rand (ca. 1,50 Euro) pro Person Eintritt, um mit dem Auto über das Farmgelände fahren zu können. Auf der gesamten Farm blühen die Wildblumen in den buntesten Farben – in Sachen Blumenbeobachtung das bisherige Highlight. Wir stoppen alle hundert Meter für Fotos – und immer wenn wir meinen, jetzt alles im Kasten zu haben, bietet sich hundert Meter weiter ein noch gigantischerer Anblick. Wir müssen trotz der überschwänglichen Bewunderung die Zeit etwas im Auge behalten, denn bis Springbok ist es noch ein weiter Weg.

Ab Niewoudtville ist die Straße wieder geteert. Wir fahren den Vanrhyns Pass in Richtung Vanrhynsdorp herunter. Links und rechts der Straße blühen immer wieder ganze Landstriche in den buntesten Farben – mit den mächtigen Cederbergen im Hintergrund ein Bild für die Götter. Bei Vanrhynsdorp geht es auf die N7 und wir donnern mit 120km/h erlaubter Höchstgeschwindigkeit dem Namaqualand entgegen. Die Strecke ist landschaftlich recht abwechlungsreich, bietet aber keine sinnvollen Gelegenheiten mehr für Zwischenstopps.

Gegen 16:30 Uhr sind wir in Springbok und steuern sofort den lokalen Super Spar an. Heute Abend wird gegrillt, auf afrikaans: „lekker braai“. Schnell Salat, Brot, Boerewors (eine typisch südafrikanische Riesenbratwurstschnecke, so groß wie eine Langspielplatte), Rumpsteak und Lammspieße eingekauft – im Liqour Store nebenan noch ein Sixpack Jack Black und eine Flasche Rotwein. An der Kasse lässt sich Herr Windolph noch von einem Tasting Sampler lokaler Brandys überzeugen. Es ist ja auch heute sein Geburtstag.

Gegen 17:30 Uhr erreichen wir das Naries Namakwa Retreat, welches etwa 30 Autominuten außerhalb von Springbok liegt. Wir haben einen der beiden Self Catering Cottages gebucht, die eigentlich eher für den lokalen Tourismusmarkt gedacht sind. Die Unterkunft hat auch Hotelzimmer im Hauptgebäude und etwas abseits drei Mountain Suites (freistehende Chalets, die sich in die felsige Umgebung einfügen). Wir wollen aber grillen und ein schönes Feuerchen machen. Letzteres ist auch bitter nötig, denn sobald die Sonne untergeht, wird es richtig schattig. Laut Wetter-App soll die Temperatur bis zum frühen Morgen bis auf 4°C runtergehen.

Dafür hat die kalte und klare Nacht einen Sternenhimmel für uns parat, wie ich ihn so selten zuvor schonmal gesehen habe. Die gesamte Milchstraße zieht sich eindrucksvoll über das dunkle Firmament. Die Kamera meines China-Handys macht davon leider nur schwarze Rechtecke. Das iPhone von Herrn Windolph fotografiert hingegen gleich das gesamte Universum mit. Ganz so krass hat es in echt dann doch nicht ausgesehen.

 

06.09.2024

Der Morgen ist kühl und sonnig. Bis die Blümchen aufwachen, muss es noch ein wenig wärmer werden. Wir entschließen uns also erstmal zu einer Wanderung auf dem Gelände des Naries Namakwa Retreats. Es gibt sechs verschiedene und gut markierte Trails von 6km bis 13km Länge. Wir kombinieren den blauen und den gelben Trail und erreichen irgendwann den Lapa, eine Hütte mit großer Glasfront auf einem Hügel mit toller Aussicht über die Berge. Ab 17 Uhr öffnet hier eine Bar mit Sundowner-Drinks. Wir beschließen später nochmal wiederzukommen.

Mittlerweile ist es warm genug, dass die Blumen sich aus ihrer Deckung heraustrauen. Eigentlich ist es der Plan gewesen, in den Namaqua National Park zu fahren. Das Gate liegt aber etwa 70km von uns entfernt, hin und zurück wären es also ca. eineinhalb Stunden Autofahrt gewesen – plus der Zeit im Park, der recht groß ist. Wir verzichten also auf den Nationalpark und folgen der Empfehlung unserer Unterkunft, der alten Minenstadt Nababeeb einen Besuch abzustatten. Der ziemlich heruntergekommene Ort liegt etwa 15km außerhalb von Springbok, normalerweise würde sich kein einziger Tourist hier hin verirren. Aber jetzt Anfang September strahlt einfach der gesamte Ort in Orange. Die Blumen blühen in den Gärten, entlang der Straßen, in Industriebrachen, auf den Bergen ringsherum – überall. Es ist einfach alles orange. Nach der Matjiesfontein Farm gestern das nächste große Highlight unseres Blumen-Trips.

Doch damit nicht genug. Wir fahren durch Springbok auf die andere Seite der Stadt in das Goegap Nature Reserve. Dies ist ein übersichtliches Reservat, welches aber auf kleinem Raum alles abbildet, was die Landschaft des Namaqualands ausmacht. Der Eintritt beträgt schmale 50 Rand (etwa 2,50 Euro) pro Person. Wir fahren den 13km langen Tourist-Loop durch die Hügel (alle Wege im Reservat sind Gravel Roads). Daneben gibt es auch ausgewiesene 4×4-Strecken, die uns aber aufgrund der fortgeschrittenen Zeit zu anstrengend erscheinen, obwohl unser Fortuner ja Allradantrieb gehabt hätte.

Statt orange blühen die Blumen hier wiedern in den buntesten Farben. Und es zeigt sich, dass die Flower Season hier oben im Norden schon so langsam ihrem Ende entgegengeht, während sie unten an Kap gerade erst begonnen hat. Wir entdecken in der immer noch prächtigen Blumenlandschaft schon so einige verblühte Exemplare. Mit uns sind gerade mal eine handvoll weiterer Fahrzeuge unterwegs, wir haben die Blumen fast für uns ganz alleine. Tiere soll es im Reservat auch geben, wir haben aber keine gesehen.

Wir fahren zurück nach Springbok und kaufen erneut alles für ein „lekker braai“ ein. Wir finden sogar eine richtige Schlachterei und gönnen uns 750gr Rinderfilet für umgerechnet etwa acht Euro. Zurück an unserer Unterkunft bringen wir schnell die Einkäufe in unseren Cottage und fahren auf ein Bierchen zum Lapa. Ein paar andere Gäste der Lodge sind ebenfalls schon da und genießen die Aussicht. Zusätzlich zum Lapa gibt es sechs Kilometer entfernt, aber immer noch auf dem eigenen Gelände, einen weiteren Aussichtspunkt, wo der Sundowner noch schöner sein soll. Als wir kurz nach 18:00 Uhr dort ankommen, sind wir die einzigen und haben die perfekte Aussicht für uns ganz alleine. Wieder ist es windig geworden und als kurz nach 18:30 Uhr die Sonne untergeht, wird es schnell richtig kalt.

Der heutige Abend läuft ähnlich ab, wie der gestrige: grillen, essen, Feuer machen, Bier und Wein trinken. Auch diese Nacht wird wieder richtig schattig – wenn auch nicht ganz so krass, wie die letzte.

 

07.09.2024

Nach dem Frühstück brechen wir auf und fahren die gut ausgebaute N14 ins Landesinnere. Kurz hinter Springbok verändert sich die Landschaft dramatisch. Wir sagen den Blumen Adieu und steuern mitten hinein in die trockene und staubige Kalahari-Wüste. Auf der über dreistündigen Fahrt bis zu den Augrabies Falls gibt es nichts, was für einen Zwischenstopp lohnt. Gegen Mittag erreichen wir den Augrabies Falls National Park, welcher von der staatlichen Organisation SANParks verwaltet wird. Im Gegensatz zu den regionalverwalteten Naturreservaten wie dem Goegap Nature Reserve ist der Eintritt hier mit 268 Rand (ca. 14 Euro) pro internationalem Besucher schon ganz schön happig. Einheimische zahlen zum Glück deutlich weniger.

Ein kurzer Weg führt vom Restcamp hinunter zu den Fällen. Der Oranje River hat aktuell Niedrigwasser, es hat seit drei Jahren nicht mehr nenneswert geregnet. Dementsprechend sind die Fälle auch nicht so imposant, aber trotzdem ganz nett anzuschauen. Leider sind von den zehn Aussichtsplattformen im Moment sechs aufgrund von Flutschäden gesperrt, lediglich vier sind zugänglich. Wenn man bedenkt, dass wegen der Trockenheit die letzte Flut schon eine Weile her sein muss, könnte SANParks für das viele Eintrittsgeld auch mal ein paar Holzbohlen und Geländer reparieren.

Anschließend essen wir noch ein leichtes Lunch im Restaurant des Camps. Es gibt auch noch eine Game Viewing Area, die man selber befahren kann. Wir wollen aber weiter zu unserer nächsten Unterkunft mitten in der Kalahari.

Aktuell gibt es zwei Markierungen „Tutwa Desert Lodge“ auf Google Maps. Ich hab natürlich nicht die richtige aus unserem Tourbook genommen, sondern einfach bei Maps gesucht und angeklickt – und mich gewundert, warum wir jetzt noch über eineinhalb Stunden fahren sollten. Ich hatte Tutwa korrekterweise viel näher an den Fällen in Erinnerung. Kurz hinter dem Ort Augrabies wird die Straße zu Gravel. Unterwegs sehen wir plötzlich ein Hinweisschild zur Tutwa Desert Lodge, aber in eine andere Richtung, als wir gerade mit Google Maps fahren. Mobilfunkempfang ist hier im Nirgendwo nicht vorhanden. Wir entschließen uns zum Glück, der Ausschilderung zu folgen. Etwa 50km von den Fällen entfernt liegt die Lodge dann auch. Meine Markierung hätte uns ins Niemandsland geführt.

Nach der komfortmäßig eher rustikalen Unterkunft der letzten beiden Nächte erwartet uns zum Abschluss unseres Road Trips noch einmal der pure Luxus. Tutwa liegt völlig einsam an einer kleinen Schlucht nur wenige Kilometer vom Oranje River entfernt, welcher hier die Grenze zu Namibia bildet. Vor dem Hauptgebäude der Lodge befindet sich ein großes Sonnendeck mit Pool und Blick auf ein nachts beleuchtetes Wasserloch. Die Lounge- und Essbereiche sind sehr großzügig gestaltet. Die Zimmer haben jeden Komfort, den man sich wünscht. Mit uns sind nur vier weitere Gäste vor Ort, das Personal ist in der Überzahl. Wir genießen ein sehr einsames Erlebnis mitten in der Wüste.

Natürlich gehören auch Pirschfahrten zum Gesamtpaket, jeweils eine morgens vor dem Frühstück und eine nachmittags vor dem Abendessen. So wahnsinnig viel Wild gibt es hier draußen in der Kalahari aber nicht, die Pirschfahrten sind eher Natur- und Landschaftsfahrten mit einmaligen Sonnenauf- und Untergängen. Ein paar Springböcke, Elands, Gemsböcke sowie eine Giraffe und einen Schakal sehen wir dann zusammengerechnet bei allen Fahrten doch noch – allerdings recht weit entfernt vom Fahrzeug. Auch an unserem Wasserloch lassen sich außer zwei Gemsböcken leider keine Tiere blicken.

Das Abendessen ist ausgezeichnet und nach einem Absacker-Bier gehen wir recht früh ins Bett. Die letzten Tage waren anstrengend und die Morgenpirschfahrt startet schon um 6:30 Uhr.

 

08.09.2024

Abgesehen von den beiden Pirschfahrten lassen wir heute den Tag locker angehen. Es hätte auch noch die Möglichkeit gegeben, auf dem Oranje River eine Kanutour zu machen. Wir relaxen aber lieber am Pool, sortieren Fotos, schreiben das Erlebte nieder und brainstormen über unsere zukünftigen Marketing-Aktivitäten. Lediglich das leichte Lunch um 13:00 Uhr ist ein fester Ankerpunkt im Tagesablauf.

 

09.09.2024

Die letzte Morgenpirschfahrt lassen wir ausfallen, denn wir müssen rechtzeitig in Upington sein. Unser Flieger nach Johannesburg geht um 12:40 Uhr. Google Maps berechnet für die Strecke knapp zwei Stunden. Nach vorgestern traue ich dem Braten aber nicht und rechne lieber mit zweieinhalb Stunden, die wir letztenendlich auch brauchen. Im Gegensatz zu den ganzen staubigen und abgewohnten Orten der letzten Tage wirkt Upington richtig modern und aufgeräumt – und dank des Oranje Rivers auch recht grün. Der Flughafen ist übersichtlich, mehr als drei Flieger pro Tag nach Johannesburg und einem Flieger pro Tag nach Kapstadt passiert hier nicht viel. Apropos Flieger: Airlink ist die einzige Fluggesellschaft, die Upington linienmäßig anfliegt – und zwar mit 37-Sitzern, wovon auf unserem Flug etwa 20 besetzt sind. Das Northern Cape steht nicht in der Gefahr, in kommender Zeit vom Massentourismus überrannt zu werden.

Wir landen pünktlich um 14:00 Uhr in Johannesburg. Um diese Uhrzeit ist es im internationalen Bereich noch recht ruhig. Viele Maschinen starten abends, sodass es in der Regel erst ab 16:00 Uhr voller wird. Anders als bei der Einreise in Kapstadt sind bei der Ausreise in Johannesburg nur eine handvoll Leute vor uns in der Schlange. Die Zeit bis zum Boarding unseres Fluges nach Istanbul sitzen wir am Rechner und sortieren Emails vor, damit uns der erste Tag zurück im Büro nicht gleich erschlägt.

Die beiden Flüge nach Istanbul und Hannover mit Turkish Airlines sind auch wieder pünktlich und gut. Die kurze Fahrt am 10.09.2024 zurück nach Bielefeld ist entspannt. 24 Stunden, nachdem wir die Tutwa Lodge verlassen haben, sind wir wieder zu Hause.

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