Botswana in a nutshell
„That was close!“ Unser Ranger sitzt entspannt aber aufmerksam am Lenkrad unseres offenen Safarifahrzeugs. Gerade ist direkt vor uns ein mächtiger Elefantenbulle aus dem Gebüsch aufgetaucht, hat mit seinem Rüssel das linke Vorderrad sowie die Motorhaube untersucht und sich dann in aller Ruhe seines Weges begeben. Die Elefanten im Chobe Nationalpark im Norden Botswanas sind Touristen gewöhnt. Da hier seit vielen Jahrzehnten nicht mehr gejagt wird, sind die grauen Riesen bei Begegnungen mit Fahrzeugen sehr entspannt.
Der Chobe Nationalpark, benannt nach dem gleichnamigen Fluss, bietet die größte Elefantendichte im südlichen Afrika. Weit über 30000 Exemplare sollen es sein. Aber auch alle anderen der Big Five und viele weitere afrikanische Wildtiere sind hier beheimatet. Neben dem Okavango Delta und dem Hwange Nationalpark in Zimbabwe ist das über 10000 Quadratkilometer große Schutzgebiet im Vier-Länder-Eck von Namibia, Botswana, Zambia und Zimbabwe das Tierbeobachtungsparadies schlechthin.
Tags zuvor sind wir in Victoria Falls gelandet. Die Einreise nach Zimbabwe auf dem kleinen Flughafen ist immer wieder ein Erlebnis. Unzählige Papiere werden ausgefüllt und gestempelt, bis man endlich sein Visum im Reisepass hat. Die Kofferrückgabe erfolgt durch ein offenes Fenster zum Rollfeld. Aber ein bisschen Afrika soll es ja auch sein.
Es ist Anfang Mai und die Sonne scheint vom strahlend blauen Himmel. Der Winter beginnt und damit die ideale Reisezeit für diesen Teil des südlichen Afrikas. Es regnet kaum, die Tage sind warm und die Nächte angenehm kühl. Die Tiere müssen zum Trinken an die Flüsse und Wasserlöcher kommen, ideal für Tierbeobachtungen also.
Anders als bei unserem letzten Besuch hier steigen wir nicht gleich in den Mietwagen, sondern lassen uns per Transfer zu unserer Lodge im Victoria Falls Nationalpark bringen. Viel hat sich hier im Norden Zimbabwes nicht verändert. Die imposantesten Wasserfälle der Welt sind immer noch gut besucht. Die Überlandstraße in Richtung Hwange wird gerade runderneuert. Die Orte Victoria Falls und Livingstone in Zambia halten bald die UN-Welttourismus-Konferenz ab. Beide Länder wollen sich den Delegierten wohl von ihrer besten Seite präsentieren. Da die Straße vor zwei Jahren eigentlich gut in Schuss war, hätte das Geld vielleicht besser eingesetzt werden können.
Unsere Lodge liegt in unberührtem Buschland etwa zehn Kilometer von den Fällen entfernt. In der Ferne sehen wir die Gischt mehrere hundert Meter hoch schießen, der Zambezi River führt gerade sein Hochwasser. Es ist ein beeindruckendes Schauspiel. Viel Zeit zum Relaxen und Genießen haben wir allerdings nicht, den schon bald werden wir zu unserer Sunset Cruise auf dem Zambezi abgeholt.
Die Fahrt in den Sonnenuntergang ist auch beim dritten Mal wieder ein echtes Highlight. Obwohl aufgrund der Vielzahl der Touristen ein wenig zur Massenveranstaltung verkommen, sollte man dieses Erlebnis nicht verpassen. Wir sehen Elefanten am Ufer, eine Hippo-Mama mit ihrem Jungen direkt vor uns im Wasser und vieles mehr. Höhepunkt ist aber eindeutig ein noch recht junger Elefant, der den Zambezi von Zimbabwe in Richtung Zambia durchquert und ganz schön gegen die starke Strömung kämpfen muss. Aber Elefanten sind begnadete Schwimmer, nach einigen erfolglosen Anlandungsversuchen am Ufer hat er es schließlich geschafft. Wir spenden anerkennenden Applaus.
Zurück in unserer Lodge gibt es Abendessen, was ganz ordentlich ist, aber keinen südafrikanischen Standard hat. Die Lodge ist gut gebucht und fast alle Tische auf der Terrasse sind besetzt. Auch wenn die Qualität des Essens nicht so berauschend ist, das Setting unter sternenklarem Himmel ist atemberaubend. Außer uns verschwinden alle anderen Gäste nach dem Essen direkt in ihre Zimmer. Dieses Phänomen verwundert mich immer wieder. Genau für solche Nächte reist man doch nach Afrika. Leider will der wachhabende Kellner nur für uns kein Feuer anzünden, angeblich sei kein Feuerholz mehr da. In Wirklichkeit will er wohl nur so früh wie möglich ins Bett. Diese Pläne durchkreuzen wir mit einem langen Abend an der Bar.
Am nächsten Morgen stehen wir recht früh auf. Es ist noch kühl, aber klar und sonnig. Another beautiful day in Africa. Wir wollen möglichst früh an den Fällen sein, um den großen Touristenströmen zu entkommen. Unser Guide händigt uns Regencapes aus und bietet auch Überschuhe aus Gummi an. Die Regencapes nehmen wir gerne, um unsere Kameras zu schützen. Auf die Schuhe verzichten wir dankend. Welch ein Fehler.
Ich war bereits zweimal an den Fällen, einmal im März und einmal im Oktober. Aber noch nie, wenn der Zambezi sein Hochwasser führt. Auf über eineinhalb Kilometern stürzt der Fluss abrupt bis zu 110 Meter hinab. Mosi-oa-Tunya, donnernder Rauch, nennen die Einheimischen dieses Naturweltwunder. Doch wenn bis zu 10000 Kubikmeter Wasser pro Sekunde in die Tiefe donnern, steigt eine Menge Rauch auf. Die Regencapes halten uns bis zu den Knien relativ trocken, alles abwärts ist klischnass. (Meine Schuhe brauchten über zwei Tage, um wieder vollständig zu trocknen.)
Der Nachteil bei dieser imposanten Wassermenge ist ganz klar die Gischt. Viele Aussichtspunke lagen derart im Regen, dass wir es uns geschenkt haben, sie aufzusuchen. Gute Fotos sind uns lediglich von der Seite gelungen. Der Mai ist also nicht der ideale Monat, um die Fälle zu besichtigen. Schade, denn das Wetter ist sonst ideal für diese Jahreszeit.
Wieder zurück auf dem Parkplatz versuchen wir uns so gut es geht zu trocknen. Ein paar Einheimische, die für schmales Geld Überschuhe aus Gummi verleihen, grinsen uns an. Auch unser Guide kann sich ein Lächeln nicht verkneifen. In Sachen Afrika lernt man halt nie aus. Weiter geht unsere Fahrt direkt zur Grenze nach Botswana quer durch den Victoria Falls Nationalpark. Unser Guide hält uns an, nach Tieren Ausschau zu halten. Aber heute vormittag halten sich Elli und Co. eher im Hintergrund.
Kurz bevor wir die Grenze erreichen, machen wir noch eine Site Inspection bei der Schwester-Lodge unserer ersten Unterkunft. Die Lodge liegt direkt am Vier-Länder-Eck, wo der Chobe River in den Zambezi River fliesst. Ein wirklich imposanter Ausblick. Dann geht es zur Grenze, wo sich unser Guide von uns verabschiedet. Die Ausreise aus Zimbabwe ist relativ entspannt und wir passieren die Grenze zu Fuß. Wir werden von unserem neuen Fahrer empfangen. Aufgrund der relativ hohen Grenzübertrittskosten für Fahrzeuge ist es üblich, dass die Fahrer und Guides jeweils in ihrem Land bleiben.
Die Einreise nach Botswana wird wieder zum Erlebnis. Vor dem Schalter des Grenzbeamten hat sich eine kleine Schlange gebildet. Ganz vorne steht ein südafrikanisches Pärchen, dem die direkte Einreise von Zimbabwe nach Zambia mit ihrem eigenen Auto versagt wurde und das nun versucht, den Umweg über Botswana oder Namibia zu nehmen. That’s Africa. Eine weitere, recht gelangweilte Grenzbeamtin kommt zu uns und sammelt unsere Pässe ein. Eine Antwort auf unsere Frage, was denn jetzt mit unseren Pässen geschehe, bekommen wir nicht. Sie verschwindet in einem Büro. Irgendwann lichtet sich die Schlange und wir stehen ganz vorne, nur um dem total verdutzen Beamten zu erzählen, dass wir gerade gar keine Pässe zu Hand hätten. Zum Glück erscheint genau in diesem Augenblick wieder die gelangweilte Dame und gibt uns wortlos unsere bereits gestempelten Pässe zurück. Unser Fahrer, der das Schauspiel mit angesehen hat, grinst. „Welcome to Botswana“.
Es ist eine kurze und staubige Fahrt nach Kasane, dem Tor zum Chobe Nationalpark. Kasane ist wahrlich kein attraktiver Ort und einige Lodges, die links und rechts der Straße liegen, erinnern eher an Militärkasernen als an angenehme Bleiben für die Nacht. Aber der Hauptgrund, weshalb man hierher kommt, ist natürlich der Chobe. Unsere Unterkunft ist eine der wenigen, die direkt im Park liegen. An einem großen Hotel im Ort setzt uns unser Fahrer ab. Hier übernehmen wir endlich unseren Mietwagen. Wir hatten ein Allradfahrzeug gebucht, um genug Platz für uns alle zu haben und um selber in den Chobe zu unserer Unterkunft fahren zu können. Ohne Allrad geht im Chobe gar nichts.
Verwundert stellen wir fest, dass wir einen komplett ausgestatteten Allrad-Camper mit Dachzelten bekommen. Der Mitarbeiter des Autovermieters, der uns empfängt, ist ebenso verwundert, dass wir das ganze Zubehör gar nicht benötigen. Wir haben ja überall feste Unterkünfte. Trotzdem will er uns gewissenhaft in jedes noch so kleine Detail des Campers einweisen. Da es bereits früher Nachmittag ist, versuchen wir, die Prozedur abzukürzen und uns nur das Radwechseln für den Notfall und die Benutzung des Allradgetriebes erklären zu lassen.
Irgendwann sitzen wir dann endlich im Wagen und erreichen nach wenigen Minuten den Eingang zum Park. Ab hier wird es wirklich sandig. Kein Vergleich mit den Schotterpisten in Südafrikas Nationalparks, die auch mit einem SUV ohne Allradantrieb bequem gemeistert werden können. Auf dem sandigen Untergrund schwimmt man eher als das man fährt. Wir durchqueren den Park in Richtung Chobe River, wo unsere Lodge liegt. Unterwegs sehen wir einige Antilopen und natürlich auch Elefanten. Eine kleine Herde ist so dicht neben der Straße, dass wir uns fast nicht trauen, vorbeizufahren. Aber wie wir später noch öfter merken werden, sind die Ellis hier wirklich sehr entspannt. Auch wieder kein Vergleich zu südafrikanischen Wildreservaten.
Wir erreichen die Lodge und folgen der Beschilderung zur Rezeption. Es ist kein Parkplatz ausgeschildert und wir parken einfach neben ein paar Safarifahrzeugen. Der Lodgemanager, der jeden Gast persönlich begrüßt, ist völlig baff, dass wir mit dem eigenen Auto gekommen sind. Selbstfahren in Botswana im Allgemeinen und im Chobe im Speziellen ist irgendwie immer noch die Ausnahme. Und wenn dann doch mal Selbstfahrer in der Lodge übernachten, werden sie in der Regel in Kasane abgeholt, wo sie ihren Wagen sicher parken können.
Unsere Lodge ist recht groß und erinnert eher an einen Hotelbetrieb als an eine kleine, intime Buschlodge. Aber die Lage am Chobe River ist großartig und das Gelände ist so weitläufig, dass man darüber hinweg sehen kann. Wir beziehen unsere Zimmer und haben etwas Zeit zum Relaxen. Am späten Nachmittag steht dann eine Bootsfahrt auf dem Chobe River an. Gerade in der Dämmerung kommen unzählige Elefanten und Büffel ans Wasser, um zu baden und zu trinken. Wir entdecken auch einen ganzen Hippo-Clan auf einer Sandbank. Eigentlich ist es ungewöhnlich, Flusspferde tagsüber außerhalb des Wassers anzutreffen.
Die Tierbeobachtungen sind grandios, die Fotos auch. Die kleinen Boote können bis direkt ans Ufer fahren. Die Elefanten ziehen wirklich nur wenige Meter entfernt an uns vorbei. Das Teleobjektiv bleibt in der Fototasche, stattdessen kommt das Weitwinkel zum Einsatz. Kurz bevor es dunkel wird, fahren wir ein Stück flussaufwärts für einen grandiosen Sonnenuntergang. Zurück in der Lodge gibt es Abendessen auf einer Plattform direkt über dem Wasser. Das Essen ist insgesamt in Ordnung, das Setting mal wieder atemberaubend. Lediglich Kerzen und Öllampen sorgen für etwas Licht. Der Sternenhimmel über uns überstrahlt alles. Hin und wieder leuchtet ein Kellner mit seiner Taschenlampe zum Fluss hinunter. Wir sehen Krokodile, Flusspferde und Elefanten, zum Glück in sicherer Entfernung. Leider ist uns auch an unserem zweiten Abend kein Feuer vergönnt. Wir trinken noch einen Rotwein im lauschigen Barbereich und gehen dann ins Bett.
Früh morgens stehen wir auf. Nach einem schnellen Kaffee startet unsere geführte Pirschfahrt in den Busch. Wir fahren ein Stück am Fluss entlang. Die unzähligen Elefanten, die wir noch abends zuvor gesehen haben, sind verschwunden. Die ziehen sich nachts tief in den Park zurück, erklärt unser Ranger, und kommen erst am Nachmittag zurück zum Wasser. Unser erstes und leider heute morgen auch einziges Highlight ist eine Löwin, die kurz vor unserer Ankunft ein Impala gerissen hat und dabei ist, ihre Beute vor unseren neugierigen Blicken hinter einem Busch in Sicherheit zu bringen. Wir hören nur noch ein lautes Schmatzen und sehen die beiden Jungen der Löwin durch den Busch toben. Mama darf zuerst essen, dann der Nachwuchs. Da der Chobe ein staatlicher Park ist, dürfen die Ranger die Wege nicht verlassen. Der Million-Dollar-Shot bleibt also aus.
Direkt nach der Rückkehr zur Lodge frühstücken wir und verlassen dann den Park. Wir haben eine lange Fahrt bis zu den Makgadikgadi Salzpfannen vor uns. Von der Lodge zum Parkausgang nehmen wir diesmal eine andere Strecke als gestern, die sich als deutlich besser befahrbar erweist. Die nächsten 300 Kilometer geht es geradeaus in südlicher Richtung. Und wenn ich sage, geradeaus, dann meine ich auch geradeaus. Keine Kurven, keine Kreuzungen. Um uns herum ist nichts als Busch. Von Zivilisation keine Spur. Dafür gibt es selbst hier außerhalb der Nationalparks unglaublich viele Tiere, einfach so an der Straße. Elefanten, Antilopen, Warzenschweine und mehr sind die einzigen Lebewesen, die wir für lange Zeit zu Gesicht bekommen.
Nach knapp drei Stunden Fahrt erreichen wir Nata und müssen zum ersten Mal, seit wir Kasane verlassen haben, abbiegen. Einmal nach rechts. Nata ist auch kein wirklich ansehnlicher Ort. Aber es gibt immerhin zwei Tankstellen und ein Wimpys. Und da Tankstellen in Botswana rar gesät sind, nutzen wir die Gelegenheit, obwohl unser Tank noch knapp halb voll ist. Wir steuern die erste Tankstelle an und fragen, ob wir mit Kreditkarte bezahlen können. Wir sind seit unserer Ankunft noch keinem Geldautomaten begegnet und mussten außer der Einreisegebühr nach Zimbabwe noch nichts in bar bezahlen. Kreditkarten seien OK, sagt der Tankwart, aber „Diesel is finished“. An der nächsten Tankstelle gibt es immerhin Diesel, dafür nehmen sie keine Kreditkarten. Also kratzen wir unser letztes Bargeld in drei verschiedenen Währungen zusammen und können den leicht angesäuert wirkenden Tankwart gerade so bezahlen, der mehrmals mit seinem Handy Rand in Pula, Pula in US-Dollar und wieder zurück umrechnen muss.
So bargeldlos löst sich auch gerade unser Traum in Luft auf, bei Wimpys eine Kleinigkeit zu essen und einen Kaffee zu trinken. Aber zum Glück nimmt Wimpys Kreditkarten Dafür ist die Cappuccino-Maschine gerade kaputt und es gibt nur Filterkaffee. Cola ist auch „finished“. Ich verstehe gar nicht, warum die Leute immer so über Zimbabwe lästern, Botswana ist nix besser. Afrika eben.
Weiter geht es die nächsten 250 Kilometer geradeaus, jetzt in westlicher Richtung und mit Ziel der Salzpfannen. Die Fahrt ist immerhin etwas abwechslungsreicher. Links und rechts der Straße liegen immer wieder kleine und kleinste Dörfer. Statt Elefanten und Antilopen laufen hier Kühe und Esel auf der Straße herum. Dieser Kontrast spiegelt gut wider, was Wildschützer auf der einen Seite und einheimische Bewohner auf der anderen Seite immer wieder gegen einander aufbringt: Naturschutz versus Viehzucht.
Auch unsere nächste Unterkunft kann ein Lied von diesem Konflikt singen. Besitzer David hat sich mit seiner Lodge am Boteti River einen Traum erfüllt. Und lange um die Zustimmung der lokalen Einwohner kämpfen müssen. Der Fluss trennt besiedeltes Land vom Makgadikgadi Nationalpark. Um ihr Vieh vor den wilden Tieren zu schützen, wollten die Einwohner den Nationalpark mit einem Zaun abgrenzen, aber hinter dem Fluss, der für das Wild in diesem Teil des Parks die einzige Wasserquelle darstellt. Nach mehr als zwei Jahren konnte David die Einwohner überzeugen und der Fluss blieb den Tieren des Parks zugänglich. Somit konnte sich das Land seine eindrucksvolle Zebra- und Gnu-Migration erhalten, nach der Serengeti-Migration immerhin die zweitgrößte des ganzen Kontinents.
Die Lodge ist ein Traum für Naturliebhaber, der komplette Kontrast zu unseren letzten beiden Unterkünften. Strom gibt es nur über Solarzellen, gekocht wird ausschließlich über dem offenen Feuer. Übernachtet wird in einfachen Zeltsuiten ohne fließend Wasser. Wenn man duschen möchte, wird ein Kupferkessel mit warmem Wasser in einem Baum aufgehängt. Lediglich die Toilette, die sich in einem kleinen Häuschen hinter dem Zelt befindet, ist so wie man es gewohnt ist. Ein wenig Komfort muss sein.
Es ist schon später Nachmittag, als wir endlich an der Lodge ankommen. Davids Sohn empfängt uns und wir trinken erst mal ein kühles Bier (der Kühlschrank wird mit Gas betrieben). Die Aussicht auf den Fluss ist einmalig. Mindestens vierzig oder fünfzig Zebras trinken unten am Wasser. Nach der langen Fahrt relaxen wir bis zum Sonnenuntergang. Schließlich werden wir zum Essen zusammengetrommelt, im wahrsten Sinne des Wortes. Das Essen ist einfach, aber gut. Dafür, dass zum Kochen und Backen nur ein offenes Feuer zur Verfügung steht, fast exzellent. Es gibt Roasted Butternut, das reicht schon, um mich glücklich zu machen. Nach dem Essen setzen wir uns alle um das Feuer (endlich mal!) und lassen den Abend gemütlich ausklingen. Die anwesenden Ranger geben ihre Buschgeschichten zum Besten und erklären uns die verschiedenen Sternbilder. Ich muss nicht erwähnen, dass der Blick in den wolkenlosen Himmel mal wieder mehr als phantastisch ist.
Da die Lodge nicht im Nationalpark liegt, finden auch nicht die üblichen abendlichen und morgendlichen Pirschfahrten statt. Interessant sind die tagesfüllenden Aktivitäten nur, wenn man auch mehrere Nächte vor Ort bleibt. Leider müssen wir am nächsten Tag schon wieder weiter, das Okavango-Delta wartet. Nach dem Frühstück lernen wir noch Besitzer David persönlich kennen und er organisiert eine kurze Bushmen-Interaktion für uns. Eigentlich bietet David mehrstündige Wanderungen mit den Nachfahren der San-Buschmänner in den Nationalpark an, Besichtigungen von Felsmalereien inklusive. Da wir nur wenig Zeit haben, bewegen wir uns in der näheren Umgebung der Lodge und lernen, wie die Buschmänner jagen und Feuer machen.
Ich bin bei solchen traditionellen und kulturellen Vorführungen immer skeptisch, ob das ganze nicht doch alles nur Theater für die Touristen ist. Unser Ranger versichert mir mehrfach, dass die Buschmänner wirklich immer noch so leben. Die Begegnung hat definitiv ihre interessanten Seiten, ein letzter Rest von Zweifel an der kompletten Authentizität bleibt bei mir allerdings bestehen.
Wir sagen David und seinem Team Lebewohl und begeben uns wieder auf die Straße. Unser heutiges Ziel ist Maun, das Tor zum Okavango-Delta. Unterwegs kommen wir an eine Seuchenkontrollstelle. Da die Maul- und Klauenseuche die einheimische Tierwelt bedroht, wurden Kontrollposten geschaffen, an denen man mit dem Fahrzeug durch ein Desinfektionsbad fahren muss. Auch die Schuhe müssen desinfiziert werden. Alle Schuhe, wohlgemerkt. Das Reisegepäck sollte entsprechend gepackt sein.
Gegen Mittag erreichen wir Maun, im Gegensatz zu Kasane und Nata ein richtig großes und lebendiges Städtchen. Der Flughafen ist aber mal wieder übersichtlich. Es gibt zwei Check-In-Schalter und eine Sicherheitsschleuse. Außer den drei Linienmaschinen, die täglich nach Johannesburg und Windhoek fliegen, starten hier nur die Leichtflugzeuge ins Delta. Mit den Sechs- bis Zwölfsitzern kommen nicht nur die Touristen und Angestellten zu den Lodges und Camps, auch die Versorgung geschieht größtenteils aus der Luft.
Der Flug über das Delta ist bereits unsere erste Tierbeobachtungsaktivität. Aus der Luft sehen wir Elefanten, die sich durch die blau-grün-braune Unendlichkeit unter uns bewegen. Der Okavango River hat hier das größte Binnendelta der Welt geschaffen, indem er auf einer Fläche von über 20000 Quadratkilometern einfach in der Kalahari Halbwüste versickert. Dies ist das größte und tierreichste Feuchtgebiet Afrikas.
Wir landen nach etwa 40 Flugminuten auf einem kleinen Airstrip in der Nähe unserer ersten Lodge im Moremi Game Reserve am östlichen Rand des Deltas. Auf der Landepiste grasen ein paar Gnus, sodass unser Pilot erstmal eine Ehrenrunde dicht über den Tieren drehen muss, um sie zu verscheuchen. Von zwei Rangern der Lodge werden wir empfangen und im offenen Geländewagen zum Camp gefahren. Es ist ein eher luxuriöses Camp mit riesigen klimatisierten Chalets. Trotzdem steht die Nähe zur Natur natürlich im Vordergrund, deshalb reist man ja überhaupt hierher. Zum ersten Mal seit Ankunft haben wir einen ganzen Nachmittag Zeit zum Relaxen. Der Pool und die Sonnenliegen sind unser.
Am späten Nachmittag startet unsere erste Tierbeobachtungsaktivität. In der Regel kann man in den Camps und Lodges aus verschiedenen Aktivitäten auswählen, z.B. Pirschfahrten, Bootsfahrten, Mokoro-Fahrten (in traditionellen Holzkanus) oder Game Walks. Wir entscheiden uns für eine Bootsfahrt durch das Delta mit seiner einmaligen Flora und Fauna, Sonnenuntergang inklusive. Nach den wirklich beeindruckenden Tierbeobachtungen der vergangenen Tage wird es natürlich immer schwieriger, das bereits Erlebte noch zu toppen. Und in der Tat fällt dieser Abend, was Tiere angeht, eher ernüchternd aus. Spannend ist jedoch das Konzert der unzähligen Klickfrösche in der Dämmerung. Das Essen ist gut und wir lassen den Abend mit einigen Bieren (zuviel) am Lagerfeuer ausklingen. Selbst der Manager der Lodge, nachmittags noch etwas steif, kommt nach einigen Brandys richtig aus sich heraus und erzählt spannende Geschichten aus dem Busch.
Wie in Buschlodges üblich wird man von seinem Ranger zum Zimmer eskortiert. Die Camps sind in der Regel nicht umzäunt und nachts können allerlei Tiere zu Besuch kommen. Besser man hat für Begegnungen dieser Art einen erfahrenen Buschkenner dabei. Am Zimmer angekommen sagen wir unserem Guide gute Nacht und brechen beim Aufschließen den Schlüssel im Türschloss ab. Und nun? Dem Guide hinterher laufen im Dunkeln durch den Busch ist nicht so angebracht. Immerhin sind es schon so einige Meter zurück zum Hauptgebäude. Laut rufen mitten in der Nacht, wenn die anderen schon schlafen, ist ebenfalls nicht so glücklich. Da unser Chalet auf Stelzen steht, kriechen wir darunter durch auf die andere Seite zur Terrasse. Zum Glück hatten wir die Terrassentür nicht abgeschlossen. Genug Abenteuer für diese Nacht. Over and out.
Am nächsten Morgen entscheiden wir uns für eine Pirschfahrt. Besonders angenehm hier im Delta ist die Tatsache, dass man für die Aktivitäten während des Aufenthalts seinen eigenen persönlichen Ranger bekommt und nicht in einer Gruppe mit zehn weiteren Leuten auf die Pirsch geht. Die Fahrt durch den Busch ist recht kurzweilig. Wir sehen ein paar Elefanten, ein paar Zebras, ein paar Gnus und eine Riesenherde Impalas. Doch der ganz große Wurf ist irgendwie nicht dabei. Doch dann plötzlich nach einer Kurve steht ein stattlicher Leopard direkt vor uns auf dem Weg. Leopardensichtungen sind äußerst selten und reine Glückssache. Für wenige Sekunden sind wir mit der geschmeidigen Raubkatze Aug‘ in Aug‘. Dann trollt sie sich ins dichte Gestrüpp rechts des Weges. Unser Ranger fährt den Weg mehrmals auf und ab, um doch noch einen zweiten Blick zu erhaschen, doch der Leopard bleibt verschwunden. Wahrscheinlich liegt er nur wenige Meter von uns entfernt gut getarnt im Gras. Ich überlege, an wie vielen Leoparden man so üblicherweise auf Pirschfahrten einfach vorbei fährt, ohne sie zu entdecken.
Zurück an der Lodge gibt es ein kräftiges Frühstück. Anschließend bringt uns unser Ranger wieder zum Airstrip und wir fliegen zu unserer nächsten Lodge, die etwa 25 Flugminuten in südwestlicher Richtung entfernt liegt. Ein paar Warzenschweine bevölkern die Landepiste, sodass der Pilot auch dieses mal eine Ehrenrunde drehen muss, um die Pumbas zu verscheuchen. Wir werden bereits von zwei Rangern unserer neuen Lodge erwartet und werden im offenen Geländewagen zum Camp gefahren. Das Camp ist deutlich einfacher und ursprünglicher als die Unterkunft von letzter Nacht. Die Zimmer sind zur Wasserseite hin komplett offen und nur durch ein Moskitonetz gesichert. Man schläft also quasi draussen. Zum Duschen ist auch nur eine Außendusche vorhanden, oder eine historische Zinkbadewanne mit Aussicht.
Da die letzten Tage recht anstrengend waren, canceln wir die angebotene Tagesaktivität und schlafen uns erstmal ein wenig aus. Am späten Nachmittag entscheiden wir uns wieder für eine Wasseraktivität. Mit einem kleinen Motorboot geht es hinaus ins Delta. Wir sehen zwei Elefanten, die zu einer kleinen Insel durchs Wasser schwimmen. Das Gras, dass dort wächst, sieht genauso aus wie das am Ufer. Aber die beiden Ellis sind offensichtlich ganz heiss darauf, auf der Insel zu fressen. Ist schon ein großartiges Schauspiel, wie diese grauen Riesen scheinbar leichtfüßig durchs Delta gleiten. Desweiteren können wir unzählige Wasservögel entdecken und erleben wieder einen spektakulären Sonnenuntergang.
Zurück im Camp gibt es Essen, was recht einfach aber in Ordnung ist. Den Abend am Lagerfeuer ruinieren uns ein paar andere Gäste, die meinen, den ganzen Busch zusammen zu trommeln und nach ein paar Gläsern Wein zuviel halbnackt ums Feuer tanzen zu müssen. Wir beschließen, früh ins Bett zu gehen. Der kommende Tag wird anstrengend. Mit dem Leichtflugzeug geht es wieder zurück nach Maun, dann mit der Air Botswana nach Johannesburg und anschließend mit der British Airways nach Durban. Wir werden mehr oder weniger den ganzen Tag unterwegs sein. Und komischerweise werde ich das erste Mal nach so einem Trip in den Busch froh sein, wieder in die Zivilisation zurückzukehren. Obwohl unser Trip nur fünf Tage gedauert hat, bin ich nach soviel Natur froh über etwas Abwechslung. Botswana kombiniert man wohl am besten mit einem Trip nach Kapstadt oder an die einmaligen Strände von Mosambik.
Botswana ist, was die Natur und den Tierreichtum angeht, im südlichen Afrika nicht zu toppen. Der Luxus der Unterkünfte liegt weniger in der komfortablen Ausstattung oder exquisiten Küche, sondern in der einmaligen Lage, wo Flora und Fauna wirklich noch ursprünglich sind und der Mensch lediglich Gast oder Besucher ist. Aufgrund der Abgeschiedenheit und Exklusivität ist eine Botswana-Reise auch leider deutlich teurer als etwa eine Südafrika-Reise. Aber wenn man wirklich spektakuläre Tierbeobachtungen machen möchte, führt am Okavango-Delta und am Chobe Nationalpark kein Weg vorbei. Preislich interessant als Alternative zu den meist sehr teuren Flugsafaris ist eine Selbstfahrertour durch das Land, was in Botswana eigentlich unüblich aber problemlos möglich ist.
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